Lektion 5: Barré und weiterführende Grifftechnik

Obwohl Barré-Griffe mit der Ukulele deutlich weniger anstrengend sind als mit der Gitarre, erfordern sie doch eine gewisse Kraft und Ausdauer der linken Hand, und können am Anfang sehr frustrierend sein. Daher führe ich sie erst hier, im 5. Kapitel dieses Kurses, ein.

Schon oft habe ich Klagen von Lernenden gehört, daß sie mit Barré nicht zurechtkommen: Die Finger schmerzen, und es scheppert dauernd. Man sollte hier nochmals genau auf die Einstellung seiner Ukulele achten. Eine zu hohe Saitenlage macht Barré-Griffe unnötig schwierig. Eine vorteilhafte Handhaltung ist aber ebenfalls wichtig.

Sehr wichtig ist auch, Barré regelmäßig, aber nicht zu intensiv zu trainieren. Ein paar Minuten Barré-Übungen pro Tag genügen. Wenn es anfängt wehzutun, hat man es schon übertrieben. Der Körper benötigt einige Monate, um sich auf diese Belastung einzustellen, das muß man einfach akzeptieren. Wenn man es nicht übertreibt, wird es irgendwann fast von alleine besser klappen, sobald die linke Hand an Kraft und Ausdauer gewinnt, und man ein Gefühl für die optimalen Barré-Positionen entwickelt. Sobald die Anfangsschwierigkeiten überwunden sind, kann man das Übungspensum für Barré vorsichtig erhöhen, jedoch stets in Maßen, sonst drohen Verletzungen!

Es ist erstaunlich , wie sich der Körper im Laufe der Zeit ans Barré-spielen gewöhnt, irgendwann entwickelt man auch eine leichte Hornhaut an der Zeigefingerkante, die das Barré-Spiel deutlich einfacher macht.

Die Übungsstücke in diesem Kapitel sind bewusst so angelegt, daß Barré-Griffe nur sporadisch zum Einsatz kommen, um der linken Hand ein wenig “Erholung” zwischen den Barré-Griffen zu gönnen.

29. Auf de Schwäb’sche Eisebahne

In diesem heiteren württembergischen Volkslied tritt nur ein sehr einfacher Barré-Griff im 5. und 13. Takt auf: Der Zeigefinger wird im 2. Bund über alle Saiten gelegt. Am Anfang dieser Takte wird ein Arpeggio über alle Saiten gepielt, hier sollte man darauf achten, daß jede Saite möglichst sauber klingt. Dies sollte man ruhig ein wenig mit verschiedenen Positionen des Zeigefingers probieren, aber nicht verzagen wenn es nicht auf Anhieb klappt! Regelmäßig üben ist hier viel wichtiger, als daß es gleich bei der ersten Barré-Übungssitzung perfekt klappt.

Man kann den Zeigefinger etwas unterstützen, indem man den Mittelfinger zusätzlich über den Zeigefinger legt. Dies kann am Anfang hilfreich sein, ist mit genug Training aber nicht mehr erforderlich. Eine optimale Positionierung des Zeigefingers und eine flache Saitenlage sind aber auf jeden Fall wichtiger als rohe Gewalt!

30. Mango Walk


Man greift das Barré im 5. Bund schon im Auftakt, und hebt den Zeigefinger dann in der zweiten Hälfte des ersten Taktes ab, um die leere A-Saite spielen zu können, während das auf der E-Saite gegriffene b’ noch nachklingen kann. Fortgeschrittene Spieler können den Zeigefinger nur teilweise abheben, so daß die leere A-Saite gespielt werden kann, während die G- und die C-Saite noch in einem teilweisen Barré gegriffen werden.

Beim Übergang vom 1. zum 2. Takt gleitet der Mittelfinger auf der 2. Saite in den 1. Bund hinab.

Den letzten Ton im 4. Takt (ein c’) greift man mit dem kleinen Finger. Mit diesem kann man beim Übergang zum 5. Takt aufwärts gleiten, um mit dem Zeigefinger die optimale Barré-Position leichter treffen zu können.

Der D-Dur-Griff

Ähnlich unbeliebt wie Barré ist bei Einsteigern der D-Dur-Griff, der aber dennoch unvermeidbar ist, wenn man Ukulele spielen lernt.

31. Bolle reiste jüngst zu Pfingsten

Für diesen bekannten Berliner Gassenhauer setze ich Barré nur sehr sparsam ein, allerdings kommt hier auch der D-Dur-Griff zum Einsatz. Diesen habe ich bislang in diesem E-Book relativ konsequent vermieden, da manche Einsteiger an ihm verzweifeln, wenn er zu früh eingeführt wird. Da werden dann schnell Rufe nach einer größeren Mensur oder einem breiteren Griffbrett laut, obwohl es allzu oft an der Grifftechnik liegt.

Es ist schwierig, die optimale Handhaltung für den D-Griff in einem Text zu vermitteln. Die Finger müssen ziemlich senkrecht aufgesetzt werden. Der Zeigefinger steht recht weit über den Rand des Griffbretts über, um dem Mittel- und Ringfinger genug Platz zu geben. Irgendwann gewöhnt man sich an diesen Griff, und fragt sich, wie man ihn je als “schwierig” empfinden konnte. Auch hier gilt dasselbe wie beim Barré: Nichts erzwingen, Regelmäßigkeit und gute Technik sind wichtiger als rohe Kraft.

32. Wenn ich ein Vöglein wär

In diesem Arrangement habe ich den D-Griff ausgiebig eingesetzt. Der Mittelfinger kann ohne Unterbrechung auf der 3. Saite liegen bleiben. Man sollte dieses Arrangement in Maßen “dosieren”, um den Mittelfinger nicht zu überlasten.

33. Schneeflöckchen, Weißröckchen

Hier kombiniere ich Arpeggien und Zweistimmigkeit.

34. Melodei Zwei

Dieses Stück kann als eine Art “Puzzle” betrachtet werden. Wende die gelernten Griff- und Umgreiftechniken an, und notiere einen geeigeten Fingersatz im Notensystem! Mit dem richtigen Fingersatz ist dieses Stück recht bequem zu spielen.

Man kann die Akkorde entweder als Arpeggien spielen, oder jeweils direkt alle 4 Noten gleichzeitig zupfen. Ich habe hier auf Arpeggien-Symbole verzichtet, da bei diesem Arrangement beides funktioniert.

Der “weite” Griff im 3. Takt ist eigentlich nur ein mäßiger Spreizgriff der linken Hand. Schwierigkeiten, diesen Griff locker zu greifen, sind ein Warnhinweis und deuten auf Defizite in der Spielhaltung hin. Selbst mit sehr kurzen Fingern sollte dieser Griff kein Problem sein. Auf der Gitarre greift man regelmäßig deutlich weitere Distanzen! Der linke Oberarm sollte nicht zu dicht am Körper anliegen, sondern leicht abgespreizt sein, der Daumen sollte hinter dem Hals aufliegen, und die linke Hand möglichst weit über dem Griffbrett “schweben”. Bei korrekter Haltung kann man leicht überraschend weite Spreizgriffe ausführen.

Hier eine 9 Jahre alte Aufnahme von diesem Stück. Damals war meine Handhaltung allerdings noch nicht allzu gut ausgebildet.

 35. Melodie der Orgel-Symphonie

Auch dieses Stück kann als “Puzzle” für Gleit- und Umgreiftechnik betrachtet werden.

Wieder eine alte Youtube-Aufnahme:

Hinweise:

  • Beim Umgreifen zwischen G-Dur und D-Dur (wie bei diesem Stück ganz am Anfang) ist es zweckmäßig, den Ringfinger auf der 2. Saite liegen zu lassen und jeweils zwischen dem 2. und 3. Bund hin und her zu gleiten.
  • Beim Umgreifen zwischen den meisten offenen Umkehrungen, sowie beim Übergang zwischen Grund-Akkordgriffen und Umkehrungen, ist in diesem Stück die Gleit-Technik anwendbar.
  • Nicht immer ist derselbe Fingersatz für denselben Griff optimal! So ist es manchmal sinnvoll, statt der Finger 1-3 die Finger 2-4 zu verwenden.

Weiterführendes

Geschafft! Dies war das letzte Stück dieses E-Books. Wurde nun alles zum Thema “solistisches Spiel mit der Ukulele” gelernt?

Natürlich nicht. Aber der Einstieg dürfte nun geschafft sein. Vieles wird nun einfacher und verständlicher sein. Dennoch gibt es noch einiges zu lernen!

Auf Ukulele Arts biete ich eine Kollektion von E-Books verschiedener Schwierigkeitsstufen an. Einige der einfacheren dieser E-Books sind sogar kostenlos. Die anspruchsvolleren E-Books sind nicht mehr gratis, dafür sind sie durchgehend mit Lilypond gesetzt (so wie dieses E-Book), und enthalten z.T. Spielhinweise und Zusatzmaterial:

Tabs und E-Books von Wilfried Welti

Der E-Dur-Griff

Berüchtigt bei vielen Ukulele-Spielern ist der E-Dur-Griff. In meinem E-Book “Musikalisches Naschwerk für Solo-Ukulele” befindet sich ein Arrangement von “Au clair de la lune”, in welchem ein offener E-Dur-Griff grifftechnisch vorteilhaft eingebunden ist. Diesen “offenen” E-Dur-Griff (1402) bevorzuge ich gegenüber dem häufiger in Akkordtabellen zu findenen Griff (4442), da der offene Griff (bei gut gestimmtem Instrument) schöner klingt und lockerer zu greifen ist.

 Hammer-on, Pull-off, Triller, Flageolett- Töne, usw…

Es gibt noch viele Themen, die für einen fortgeschritteneren Kurs von Interesse wären. Diese Techniken sind jedoch auf vielen Instrumenten weit verbreitet, während so manches, was ich in diesem Kurs beschrieben habe, sehr ukulelenspezifisch war. Daher war es mir ein großes Anliegen, mit diesem Kurs einen guten Einstieg für das solistische Spiel mit der Ukulele zu bieten. Für weiterführende Techniken lohnt sich der Blick über den Tellerrand, es gibt zahlreiche hervorragende Tutorials und Kurse für Ukulele, aber auch für andere Instrumente (Gitarre usw.), in welchen diese Techniken vermittelt werden.

Ich wünsche auf jeden Fall noch viel Spaß und Erfolg für den weiteren “ukulelistischen Werdegang”!

Mit ukulelistischen Grüßen
Wilfried Welti