Übungsmethodik

Vorbetrachtung

Eins vorweg: Ich behaupte nicht, die perfekte Übungsmethodik zu kennen, die besser als alles andere ist. Im Gegenteil, ich glaube sogar, daß es so etwas nicht gibt. Dafür sind die Menschen zu verschieden — was bei einem funktioniert, kann beim anderen daneben gehen. Daher versuche ich lediglich, hier einige allgemeine Hinweise zusammenzutragen, die sich aus meiner Sicht als vernünftig erwiesen haben. Man sollte sich jedoch auf jeden Fall eigenständig Gedanken darüber machen, wie man üben möchte.

Letztlich kann all dies keinen guten Lehrer ersetzen. Leider gibt es nicht viele gute Ukulelen-Lehrer. Im Zweifelsfalle kann man versuchen, Tugenden aus dem Gitarrenspiel auf die Ukulele zu übertragen, doch letztendlich ist die Ukulele ein eigenständiges Instrument — nicht alles was für die Gitarre Geltung hat, ist für die Ukulele passend.

Beobachte Dich selbst beim Üben, und ziehe gelegentlich ein Fazit. Gibt es Probleme, die sich einschleichen? Welche Art zu Üben macht Dir Spaß? Was bringt Dich weiter? Suche auch immer wieder nach neuen Quellen für alternative Ansätze oder Techniken — niemand hat die einzige Wahrheit für sich alleine gepachtet!

1.) Übe, Musik zu machen!

Die wichtigste Übungsregel — und dies ist eine ganz persönliche Überzeugung — ist: Mache Musik.

Ich kenne zahlreiche technische Übungen und Anleitungen, welche ausschließlich darauf abzielen, bestimmte Bewegungsabläufe zu trainieren und zu optimieren. Dieses Übungsziel wird damit sicher auch erreicht — doch wer sich vor allem auf solche Übungen konzentriert, kann nachher vielleicht in beeindruckender Geschwindigkeit Läufe herunterrattern — aber er hat es möglicherweise versäumt, zu lernen, wie man Musik macht. Perfekt gleichförmig und präzise Noten in hoher Geschwindigkeit abspulen kann auch ein Computer — wieso sollte man danach streben, dies nachzuahmen?

Viel wichtiger ist es aus meiner Sicht, musikalisch zu spielen. In jedem einzelnen Ton, den man spielt, sollte etwas stecken, was kein Computer bieten kann: Ein kleines Stückchen Liebe, Leidenschaft, Enthusiasmus, oder welche Emotion einen auch immer gerade bewegt.

Wer Musik auf dieselbe Art machen möchte wie seine Steuererklärung, sollte es lieber bleiben lassen.

Genau wie all die technischen Fähigkeiten ist auch Musikalität etwas, was man lernen muß. Und diese lernt man am Besten dadurch, daß man Musik macht. Egal was ihr spielt, egal was ihr gerade übt — denkt immer daran: Ihr wollt Musik machen, nicht einfach nur Töne erzeugen oder ein Fingertraining absolvieren.

2.) Übe regelmäßig, aber nicht exzessiv!

Beim Lernen eines Instruments wie der Ukulele macht der Körper insgesamt eine physische Umstellung durch. Der Bewegungsapparat passt sich an die neuen Anforderungen an, an den Fingerkuppen bildet sich Hornhaut, bestimmte Muskelgruppen werden hochtrainiert. All dies benötigt Zeit — und Regelmäßigkeit. Es ist daher viel sinnvoller, immer wieder kurz, aber sehr regelmäßig zu üben, als sich mit Gewalt “durchsetzen” zu wollen, wenn etwas nicht gleich klappen will. Sobald irgend etwas wehtut, sollte man mindestens für den Tag Schluß machen, sonst droht Verletzungsgefahr.

Wer einmal pro Monat einen ganzen Tag lang übt, sonst aber nie, wird keine vernünftigen Fortschritte machen. Wer hingegen jeden Tag eine Viertelstunde übt, wird das Spielen bald als leicht und natürlich empfinden.

3.) Übe locker und mit Freude!

Beim Üben trainiert man sich im Prinzip alles gleichzeitig an, was man gerade tut. Das gilt auch für Lockerheit oder Verkrampftheit, und sogar zu einem gewissen Teil das Empfinden der Situation. Wenn Üben immer mit Anstrengung und Kampf verbunden ist, trainiert man sich diese Einstellung beim Spiel regelrecht an.

Es ist daher besser das Üben nicht zu verbissen zu sehen. Wenn Fehler passieren, ist das kein Weltuntergang. Wenn etwas nicht gelingen will, kann man vielleicht etwas anderes probieren. Vielleicht spielt man auch einfach ein wenig herum oder versucht etwas Neues, was einem Freude macht. Das alles ist besser, als so verbissen an einer Übung zu hängen, als wollte man ein Loch durch eine Betonmauer bohren. Wenn man einmal darüber geschlafen hat, wird es sicher besser klappen. Vielleicht übt man auch gerade etwas, was noch zu schwer ist — dann sollte man seinen Übungsplan überdenken.

Egal, was man gerade übt oder spielt — man sollte sich nie verkrampfen, und stets eine lockere und entspannte Haltung anstreben. Übungen, bei denen das nicht möglich ist, weil man noch nicht die physischen Grundvoraussetzungen dafür hat, sind noch zu schwer, und sollten verschoben werden.

4.) Übe langsam!

Einer der größten Fehler ist, zu schnell zu üben. Wenn man ein Stück noch nicht kann, ist das normale Spieltempo am Anfang viel zu schnell. Man sollte so langsam üben, daß man die Ruhe hat, jeden einzelnen Ton präzise, gefühlvoll, locker und schön zu spielen. Erst wenn man das Stück problemlos langsam spielen kann, ist es sinnvoll das Tempo schrittweise zu steigern, doch hierbei muß man darauf achten, daß man die Lockerheit des langsamen Spiels “mitnimmt”, und nicht nachlässig wird — etwa Fehler oder Unsauberkeiten akzeptiert.

5.) Übe keine Fehler!

Wenn man sich beim Üben verspielt, ist das schlechteste was man tun kann: Stoppen, wieder mit dem selben Tempo von vorn beginnen, nur um dann wieder in denselben Fehler hineinzulaufen. Und dies dann immer wieder zu wiederholen, denn “irgendwann muß es ja klappen”.

Doch das einzige, was man hiermit erreicht, ist, daß man sich den Fehler regelrecht antrainiert. Und wenn man sich hineinsteigert, verkrampft man sich nur unnötig. Beides gilt es zu vermeiden.

6.) Übe abschnittweise!

Was sollte man also tun? Ganz einfach: Die schwierigen Stellen für sich allein üben. Und zwar langsam, präzise, und fehlerfrei, und in ihrem Kontext, d.h. man fängt ein paar Noten davor an, und spielt auch noch ein paar Noten danach. Bei einem längeren Musikstück sollte man außerdem das Stück in einzelne Abschnitte unterteilen, die man jeweils für sich — ebenfalls in ihrem Kontext — übt.

Wenn es irgendwo überhaupt nicht gehen will, sollte man sich selbst eingestehen, daß das Stück vielleicht noch zu schwierig ist — und vorerst etwas einfacheres üben.

7.) Übe langsam, schnell zu spielen!

Ist da eine Stelle, die einfach nicht schnell genug gelingen will? Sowas passiert mir auch immer wieder. Geschwindigkeit aufzubauen, braucht Zeit. Man kann das nicht erzwingen. Man kann es jedoch unterstützen. Um sauber schnell zu spielen, müssen die Bewegungsabläufe perfekt optimiert sein. Deshalb sollte man gerade die schnellen Passagen eines Stückes besonders langsam üben, um die Bewegungsabläufe genau kontrollieren und so fließend wie möglich trainieren zu können. Erst wenn eine Passage langsam absolut fehlerfrei mit genau richtigen Bewegungsabläufen — sozusagen in Zeitlupe — funktioniert, macht es Sinn, das Tempo schrittweise zu erhöhen — doch nie so weit, daß sich wieder Fehler einschleichen.

Eine “zu schnelle Stelle” kann auch das ganze Musikstück sein — gerade am Anfang sollte man dringend vermeiden, zu schnell zu spielen. Es macht keinen Sinn, eine schwierige Passage schneller zu üben, als man den Rest des Stückes fehlerfrei und locker spielen kann. Ein Stück langsam, aber fehlerfrei zu spielen bringt einen weiter. Zu schnell zu spielen, und dauernd ‘rauszufliegen, jedoch nicht.

8.) Übe, den Takt zu halten!

Beim Vorspiel ist es wesentlich ärgerlicher, wenn man holperig spielt, oder gar komplett aus dem Stück “herausfliegt”, als wenn nur ein oder zwei Töne falsch erklingen. Darum sollte man auch beim Üben schon versuchen, sich von Fehlern nicht aus dem Takt bringen zu lassen. Mann sollte also nicht innehalten, sondern das Tempo halten und weiterspielen. Später kann man dann die schwierigen Stellen gezielt üben.